Rechnungshof sieht Österreichs Gefängnisse am Limit

Rechnungshof sieht Österreichs Gefängnisse am Limit

Rechnungshofausschuss behandelt Prüfbericht über Straf- und Maßnahmenvollzug

Österreichs Haftanstalten sind an der Auslastungsgrenze angelangt. In seinem Bericht betreffend Steuerung und Koordinierung des Straf- und Maßnahmenvollzugs (III-99 d.B.), der heute im Rechnungshofausschuss des Nationalrats behandelt und einstimmig zur Kenntnis genommen wurde, lässt der Rechnungshof keinen Zweifel an der angespannten Situation im Strafvollzug und verweist auf die hohen Häftlingszahlen sowie die deutliche Überbelegung in einzelnen Gefängnissen. Kritisiert wird zudem auch die Senkung des Leistungsniveaus für die Rekrutierung des Justizwachepersonals. Justizministerin Alma Zadič kündigte eine Personaloffensive bei der Justizwache sowie die Einrichtung eines "Recruiting Officers" an.

Kraker für verstärkten Einsatz der elektronischen Fußfessel

Mit 9.163 Häftlingen zum Stand 1.1.2019 seien Österreichs Gefängnisse am Limit, lautet das Resümee der Prüfung, die sich auf die Jahre 2015 bis 2018 bezieht und mit alarmierenden Daten und Fakten aufwartet. So stieg in diesem Zeitraum die Zahl der Häftlinge um 5,4%, die bundesweite Gesamtauslastung lag bei über 95%, einige Justizanstalten waren deutlich überbelegt, so etwa die Justizanstalt Wien-Josefstadt mit 117%. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker empfiehlt nun dem Justizministerium, die Häftlingszahlen zu senken, und schlägt vor allem den verstärkten Einsatz von elektronischen Fußfesseln oder die Überstellung von Häftlingen zum Vollzug in ihre Herkunftsländer vor.

Rechnungshof kritisiert Senkung des Anforderungsprofils für Bewerbungen bei der Justizwache

Kritisch beurteilt Kraker auch die Senkung der Anforderungen bei der Bewerbung für den Justizwachedienst. So seien etwa in den Bereichen "Rechtschreibung" und "Allgemeinwissen" die Kriterien für einen positiven Abschluss des Bewerbungsverfahrens von 50% auf 40% gesenkt worden, bei "Rechnen" sogar von 50% auf 33%. Der Bericht spricht in diesem Zusammenhang grundsätzlich von der Herausforderung, geeignetes Personal für die Justizwache zu finden, und macht überdies auf den hohen Anteil älterer Bediensteter und das durchschnittliche Pensionsantrittsalter von 58 Jahren aufmerksam.

In der Debatte griffen die Abgeordneten aller Fraktionen die Kritikpunkte des Berichts auf, wobei FPÖ-Mandatar Christian Lausch feststellte, die Ursache für die aufgezeigten Missstände liege im Personalmangel der Justizwache, gegen den seit Jahrzehnten nichts unternommen werde. Er wies auch auf den hohen Ausländeranteil unter den Häftlingen hin und thematisierte zudem die hohen Gesundheitskosten im Strafvollzug. Häftlinge sollten in die Gesundheitskassa integriert und nicht zum Privatpatiententarif ärztlich behandelt werden, forderte er. Seitens der SPÖ zeigte sich Karin Greiner irritiert über eine "Nivellierung nach unten" bei den Aufnahmekriterien für Justizwachebedienstete und meinte, dies sei gerade angesichts der hohen Herausforderungen des Dienstes problematisch.

Zadič kündigt "Recruiting Officer" für Justizwache an

Justizministerin Alma Zadič bestätigte die Personalnot bei der Justizwache und betonte, man setze nun gezielt Maßnahmen, um darauf zu reagieren. Sie kündigte in diesem Zusammenhang die Einrichtung der Stelle eines "Recruiting Officers" an und sprach überdies von verstärkter Werbung für den Dienst bei der Justiz. Die Personaloffensive trage bereits erste Früchte, man verzeichne eine Zunahme bei den Bewerbungen. Für 2021 seien zehn Ausbildungslehrgänge vorgesehen.

Der Maßnahmenvollzug, für dessen Reform etwa Ausschussobmann Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) plädiert hatte, sei eine "Baustelle", bemerkte die Ressortchefin. Geplant sei zunächst eine Novelle des Unterbringungsgesetzes, dann werde der Maßnahmenvollzug reformiert. Dabei werde man jedenfalls auch einige Empfehlungen der Menschenrechtskommission umsetzen, versicherte Zadič der SPÖ-Rechnungshofsprecherin Karin Greiner. 

Quelle: Pressedienst der Parlamentsdirektion Parlamentskorrespondenz / ots  //  Fotocredit: Symbolfoto

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